Der Einfachheit halber werden auch die wenigen in den Jahren 1914 bis 1917 auf heutigem österreichischen Gebiet ausgegebenen Notgeldscheine im Katalog des österreichischen Notgeldes 1914-1924 mit gelistet. Die eigentliche Notgeldperiode begann jedoch erst ab 1918. Die Ursache war vorerst nicht ein Mangel an Metallgeld, sondern die Befürchtung, der Geldverkehr könnte durch die Auflösungserscheinungen der Monarchie generell stocken. Im November 1918 erließ die Republik Deutschösterreich daher eine Erlaubnis zur Ausgabe von Notgeld, die an einige Formvorschriften gebunden war (zB. Gemeinderatsbeschluss, Nennung von Ausgabe- und Einlösestelle sowie Umtauschfrist, Angabe des Nominalwerts). Die ausgebenden Stellen mussten zudem mit ihrem Vermögen für die Einlösung der Scheine haften bzw. den Gegenwert der in Umlauf gesetzten Noten hinterlegen. In Folge gaben Bundesländer, Städte und Unternehmen Notgeld mit hohen Nominalen bis zu 100 Kronen aus. Aufgrund der hohen Nominalen, die nicht auf eine Wechselfunktion sondern eine Geldersatzfunktion auch für große Beträge abzielten, wird dieses Notgeld als Großgeld bezeichnet. Den Startschuss setzte die Stadt Wr. Neustadt am 15.11.1918.

Die ersten Kleingeldscheine zur Behebung des Wechselgeldmangels wurden ab Ende 1918/Anfang 1919 in Innsbruck gedruckt, da große Mengen des vorhandenen Hartgeldes ins nahe Italien geschmuggelt worden waren. Der Materialwert überstieg dort mittlerweile den Nominalwert der Münzen, was zu einem attraktiven Wechselkurs führte. Auf Innsbruck (10, 20 Heller Dezember 1918) folgten Kufstein, Kitzbühel, Wien, Graz und Salzburg und ab Oktober 1919 die ersten Orte in Oberösterreich.

Auch die ersten Privatscheine wurden nun ausgegeben. Dabei folgte ein Gewerbetreibender dem anderen, sodass manch kleiner Ort schließlich über eine stattliche Anzahl an Privatausgaben verfügte, wie zB. Pottenbrunn mit 13 Ausgaben oder Gresten und Purgstall mit je 7 Ausgaben.

Inzwischen waren in den Städten auch die ersten Sammler auf das neue, jedoch bereits aus Deutschland bekannte, Sammelgebiet aufmerksam geworden und ersten Geschäfte nahmen Notgeld in ihr Sortiment auf. Da Briefmarken zu sammeln immer teurer wurde, nahmen viele dieser Sammler, vor allem die jüngeren, das neue preisgünstige Sammelgebiet gerne an. Erste Sammlerverbände und eigene Notgeldzeitungen entstanden, eigene Notgeldkataloge wurden ausgegeben. Diese Entwicklung erreichte Anfang bis Mitte 1920 ihren Höhepunkt. Vor allem an den Bahnhofsknotenpunkten wie Linz, Wels, St. Pölten und Wien florierte nun der Handel mit Notgeldscheinen und die Zahl der Notgeldsammler dürfte nach zeitgenössischen Quellen an die Hunderttausend betragen haben.

Das gute Geschäft mit dem Notgeld blieb den ausgebenden Gemeinden und Privaten nicht verborgen und diese bemühten sich immerzu neue besonders interessante oder bewusst limitierte Ausgaben zu produzieren, um die Gunst der Sammler zu erhalten und vor allem um hohe Preise zu erzielen. Sie profitierten hierbei sehr stark davon, dass nur ein kleiner Teil der ausgegebenen Noten wieder rückgetauscht wurde. Der wieder eingetauschte Teil konnte aufgrund der galoppierenden Inflation zu einem real viel geringeren Wert zurückbezahlt werden.Den Vertrieb des Notgeldes besorgten die Gemeinden selbst oder Händler. Diese nahmen teils sehr große Stückzahlen ab und besorgten die weitere Verteilung an die tausenden Sammler. Manche Gemeinde überließ der Druckerei neben der Produktion auch gleich exklusiv den Vertrieb des Notgeldes.

Ab Mitte 1920 sah man von offizieller Stelle keine weitere wirtschaftliche Notwendigkeit für die Ausgabe von Notgeld mehr und das Staatsamt für Finanzen erteilte ein offizielles Ausgabeverbot. Trotzdem erschienen ab diesem Zeitpunkt noch eine Fülle sogenannter Sonderausgaben, die mit Zusätzen wie „Nur für Sammler“ oder „wird nicht eingelöst“ vesehen waren, um ihnen den Geldscheincharakter abzusprechen und somit nicht gegen das Verbot zu verstoßen. Ab 1921 konnte oder wollte ein erheblicher Teil der Sammler die stark gestiegenen Preise für die zahlreichen künstlich verknappten Sonderausgaben nicht mehr bezahlen und viele kehrten dem Sammelgebiet wieder den Rücken. Die letzten Sonderausgaben wurden 1922 in Umlauf gebracht, bis 1924 folgten noch Großgeldscheine.

Unterscheidung Normal- und Sonderausgaben

Die Notgeldausgaben werden grundsätzlich in zwei große Gruppen gegliedert:

  • Normalausgaben: Jene Scheine, die zur Linderung des Kleingeldmangels ausgegeben wurden oder dieses Ziel zumindest noch teilweise verfolgten.
  • Sonderausgaben: Jene Scheine, die ausschließlich zu Sammelzwecken und nicht für den Geldumlauf produziert und oft bewusst auffällig gestaltet wurden (besonderes Material, Farbgestaltung, Sujet). In früherer Literatur wurden die Sonderausgaben auch als Spezialausgaben bezeichnet.Die

Normalausgaben unterteilen sich wiederum in zwei Teile:

  • Gemeindeausgaben: Von einer Gemeinde, Stadtverwaltung, einem Bundesland oder einer sonstigen behördlichen Stelle ausgegebene Scheine
  • Privatausgaben: Von privater Stelle wie zB. von einer Firma, einem Verein, der Kirche oder sonstiger nicht öffentlicher Stelle ausgegebene Scheine

Auch unter den Privatausgaben gibt es Scheine, die in erster Linie für den Sammler produziert wurden und solche, die tatsächlich im Umlauf waren. Die Zweitgenannten erkennt man in der Regel anhand ihrer wesentlich schlichteren optischen Gestaltung (meist nur Firmenstempel, Unterschrift und handschriftliche Beschriftung). Zumeist kommen Sie nur gebraucht und nicht als ganze Serie vor. Diese Ausgaben sind heute oftmals selten.

Markt

Der große Teil der häufigen Gemeindeausgaben ist weiterhin sehr günstig am Markt erhältlich. Wir bewerten die häufigsten, aus 3 Scheinen bestehenden Serien mit 2 Euro. Der Preis gilt für komplette Serien in bankfrischer bis fast bankfrischer Erhaltung. Beim Erwerb wahllos zusammengewürfelter 100er Lots können Einzelscheine gar um 20 bis 30 Cent erworben werden. Bei selteneren Privatscheinen und ebenso beim Großgeld sind Schnäppchen kaum mehr möglich, hier gelangt man sehr schnell in den Preisbereich von 200 oder mehr Euro je Schein. Verglichen mit den um ein Vielfaches höheren Preisen, die für ähnlich seltene Notgeldausgaben in Nachbarländern wie der Tschechischen Republik gezahlt werden, scheinen diese Preise jedoch keineswegs übertrieben. Erstaunlich günstig werden so manche Sonderausgaben gehandelt, die wir im Zuge unserer Recherchen kaum in Sammlungen fanden. Hier könnte ein wachsendes Sammlerinteresse sehr rasch zu steigenden Preisen führen.