von Mag. Günter Ehweiner aus „Geld- und Bankwesen in der ersten Republik“

Als Folge des Ersten Weltkrieges bildeten sich rund um Österreich neue Nationalstaaten bzw. Rätediktaturen die, beginnend mit Jugoslawien, sukzessive ihre eigenen Währungen einführten, bzw. wiedereinführten.

Jugoslawien

Am 30. Oktober 1918 bat der neugegründete Nationalrat in Agram die Österreichisch-Ungarische Bank um die Aufrechterhaltung des Betriebs der Filialen auf slowenischem und auf kroatischem Gebiet. Die Bank erklärte sich unter der Bedingung dazu bereit, dass die Filialen und die Agenden der Bank in diesem Gebiet ungestört fortgesetzt werden konnten und die Sicherheit der Filialen in der heiklen politischen und militärischen Lage gewährleistet würden. Was jedoch tatsächlich passierte, war die Beschlagnahmung des gesamten Bankvermögens der Filiale in Laibach, worauf die Hauptbank in Wien ihre, unter oben genannter Prämisse gemachten, Zusagen wieder zurückzog. Es erfolgte, wie noch so oft in der Geschichte dieses Geldinstitutes, ein heftiger Protest, der schließlich zu Verhandlungen und letztendlich zur Berufung eines jugoslawischen Kommissärs in die Geschäftsleitung der Bank führte. All diese Verhandlungen blieben allerdings auf dem Papier, da serbische Truppen die Filiale zur Einstellung ihrer Tätigkeiten zwangen.

Zu Beginn des Jahres 1919 wurde eine Verordnung erlassen, die, mit dem angeblichen Ziel, eine statistische Erfassung aller auf jugoslawischem Boden in Umlauf befindliche Kronen-Noten zu erreichen, die Kennzeichnung dieser Banknoten, zum Inhalt hatte. Alle Zoll-, Finanz-, und Gemeindeämter stempelten in nur kurzer Zeit ca. 4,8 Milliarden Kronen. Diese wurden jedoch später, als eine Kennzeichnung aufgrund des Artikels 206 des Staatsvertrages von Saint Germain-en-Laye vorgeschrieben worden war, für ungültig erklärt. Inhabern solcher Noten blieb die Möglichkeit der Eintauschung in Rumänien, da dieser Staat als einziger alle gekennzeichneten Banknoten als Zahlungsmittel akzeptierte.

Die zweite, diesmal endgültige, Kennzeichnung erfolgte auf dem Rechtsgrund einer Verordnung der jugoslawischen Regierung vom 5. November 1919. Diesmal erfolgte die Kenntlichmachung durch Aufkleben eigener Marken. In einem Zug mit dieser Verordnung
wurde auch die Relation zwischen Krone und Dinar amtlich mit 4 : 1 festgesetzt. Eine Zeit lang galten die ein- bis zweimal gestempelte Krone und der Dinar nebeneinander, aber mit der Ausdehnung des Tätigkeitsbereiches der neugegründeten serbischen Nationalbank waren nach ungefähr einem halben Jahr sämtliche Kronen aus dem Verkehr verschwunden und der Dinar repräsentierte von diesem Zeitpunkt an die einzig gültige Währung Jugoslawiens.

Tschechoslowakei

In der Tschechoslowakei stellte sich die Situation insoferne anders dar, da hier ein neuer Staat gebildet wurde, der nicht auf seine alte Währung, sein altes Bankensystem oder eine frühere Staatsverwaltung zurückgreifen konnte. Als Vorstand der Prager Finanzverwaltung war der anerkannte Währungsfachmann Dr. Alois Rašin, Schüler des Begründers der Quantitätstheorie des Geldes, Irving Fisher, ein Hoffnungsträger bei der monetären Emanzipation der Tschechoslowakei von Deutschösterreich. Als Monetarist war er der Meinung, dass die Kontrolle der Geldmenge der Schlüssel zu einer stabilen und wertgesicherten Währung sei. Alle in der Folge von ihm ergriffenen und angeordneten Maßnahmen tragen eindeutig die Handschrift dieser Zielorientierung.

Die Politik der Österreichisch-Ungarischen Bank war von der Hoffnung getragen, wenigstens mit der Tschechoslowakei eine bleibende Währungseinheit aufrecht erhalten zu können. Aufgrund dieser Hoffnung waren auch die oben bereits erwähnten Konzessionen von Vizegouverneur Dr. Gruber an die tschechische Republik gemacht worden. (Errichtung einer Hauptanstalt in Prag und Berufung eines tschechoslowakischen Regierungskommissärs in die Geschäftsleitung. All diese Zugeständnisse konnten aber nicht verhindern, dass die tschechoslowakische Regierung am 19. Nov. 1918 der Böhmischen Landesbank das Recht zur Ausgabe von Kassaanweisungen verlieh, welche bei Sicht zahlbar waren. Ausserdem erfolgte ein Verbot der Lombardierung von österreichischen oder ungarischen Kriegsanleihen. Diese beiden schweren Verletzungen des Bankenprivilegs der Österreichisch-Ungarischen Bank
zogen heftige Proteste der Geschäftsleitung nach sich. Weitere Maßnahmen zur Erreichung der monetären Autarkie und der Geldmengenkontrolle waren die Sperrung der Girokonten, das Verbot der Einlösung fälliger Kassascheine sowie von Überweisungen in das Gebiet der tschechoslowakischen Republik, genormt per Verordnung des tschechoslowakischen Finanzministers im Februar 1919. Nur noch gestempelte Banknoten waren als Zahlungsmittel anerkannt. Um die Erfassung der Geldmenge zu erleichtern wurde eine völlige Grenz-, Telegramm-, und Postsperre verhängt. (Binnen weniger Tage war der gesamte Geldbestand gestempelt; ausgenommen waren Kronen-Banknoten zu 1 und 2 Kronen. Die neuen Noten zu 25, 200 und 10.000 Kronen wurden generell nicht als Zahlungsmittel anerkannt.)

Der markanteste Schritt war jedoch die Enthebung der Österreichisch-Ungarischen Bank ihrer Funktion als Notenbank mit Verordnung vom 6. März 1919. Als Nachfolgeinstitut wurde das „Bankamt des tschechoslowakischen Finanzministeriums“ gegründet. Von diesem neugegründeten Institut wurden vorerst Girokonten und Kassascheine, sowie später auch die Lombarddarlehen, übernommen. Sämtliche Mobilien und Immobilien wurden beschlagnahmt und auch der Großteil des (tschechoslowakischen) Personals wurde in das neue Institut übernommen. Sozusagen als Krönung der Währungstrennung kann man das Gesetz vom 10. April 1919 betrachten, in dem die Tschechoslowakische Krone als neue Währungseinheit des Staates festgesetzt wurde. Die abgestempelten Kronen galten als Staatskronen. Die Geldmenge (Banknoten, die Hälfte der Girokonten und der Kassascheine) wurden auf ca. 7.000.000.000 Kc (Tschechoslowakische Kronen) begrenzt. Die Metalldeckung erfolgte durch Valutenanleihen, sowie durch Ankauf von Valuten und Edelmetallen (ca. 60.000.000 Goldfranken). Weiters wurde auch dem Anspruch des Nachfolgeinstitutes auf einen entsprechenden Anteil an den Liquiditätsbeständen der Österreichisch-Ungarischen Bank stattgegeben, und zwar vorerst in Form eines Vorschusses in der Höhe von 45.000.000 Goldkronen.

Polen

In Polen nahmen die Entwicklungen, die letztendlich zur Abspaltung der monetären Angelegenheiten Polens von denen Deutschösterreichs führte, einen etwas anderen, komplizierteren Verlauf. Bis Ende April des Jahres 1919 waren die Tätigkeiten der Österreichisch-Ungarischen Bank vom neuen polnischen Staat toleriert und in keiner Weise sanktioniert worden. Sie liefen daher unproblematisch und gaben der Geschäftsleitung der Österreichisch-Ungarischen Bank, im Gegensatz zu fast allen anderen Nachfolgestaaten der Monarchie, keinen Anlass zur Sorge. Am 23. April 1919 wurde allerdings, in gewisser Hinsicht überraschend, vom polnischen Ministerrat beschlossen, das gesamte Vermögen der Bank zu sequestieren und der „Polnischen Landesdarlehensbank“ zu übertragen. Abstempelungen der Krone auf polnischem Staatsgebiet fanden nicht statt. Die Geschäftsleitung der Österreichisch-Ungarischen Bank protestierte und behielt sich die Forderung auf Schadenersatz vor. Wie schon aus anderen Beispielen bekannt, führten die Proteste, trotz aller Berechtigung, nur zu Verhandlungen, die auch hier die Übernahme der Filialen der Österreichisch-Ungarischen Bank zur Folge hatten. Diese Übernahme durch die Polnische Landesdarlehensbank war die Grundsteinlegung zur Gründung der späteren Polnischen Notenbank.

Die Währungsabspaltung, bzw. die Währungsreform nahm in Polen etwas verschlungene Wege, da der ursprünglich neu eingeführte Zloty nach relativ kurzer Zeit durch die polnische Mark ersetzt wurde, die ihrerseits wieder vom Zloty abgelöst wurde. Dieser blieb dann auch, bis heute, die polnische Währungseinheit. Diesen Reformen folgte eine schwere Inflation. Die sich erst im Jahre 1924 stabilisierende Wirtschaft war eine der sich wechselseitig bedingenden Voraussetzungen für die Gründung der „Bank Polski“.

Ungarn

In Ungarn, dem Nachfolgestaat der ungarischen Reichshälfte des monarchischen Imperiums, war ursprünglich eine Vereinbarung in Kraft, gemäß der die Hauptanstalt in Budapest ungestört, wenn auch an die Instruktionen des Regierungskommissärs gebunden, ihre Geschäfte fortführen konnte. Diese „Konzession“ wurde allerdings schlagartig gegenstandslos, als Ungarn am 22. März 1919 eine kommunistische Regierung unter Béla Kuhn erhielt. Diese ordnete, ihrer politischen Gesinnung entsprechen, eine programmäßige Sozialisierung an, von der auch die Hauptanstalt des Noteninstitutes betroffen war. Ein Beamter wurde als Vizegouverneur eingesetzt, dem Personal wurde die Aufrechterhaltung des Kontaktes zur Geschäftsleitung in Deutschösterreich verboten und alle Mobilien und Immobilien der Bank wurden beschlagnahmt. Die obsoleten Proteste zeitigten, wie nicht anders zu erwarten, keinen Erfolg.

Nun waren aber die Notenbestände in der ungarischen Hauptanstalt eher gering gewesen, und die neue Regierung sah sich einem Banknotenengpass gegenüber. Diesem
wurde abgeholfen, da sich Druckplatten zur Herstellung von 25 und 200 Kronen Noten in Ungarn befanden und man mit diesen den Bedarf an Notengeld zu decken versuchte. Platten für kleinere Banknoten (à 1 und 2 Kronen) waren allerdings nicht vorhanden, sodass man sich damit behalf, diese phototechnisch herzustellen, also im eigentlichen Sinn zu fälschen. Ein Zwangskurs wurde festgesetzt und die Falsifikate als gesetzliches Zahlungsmittel per Verordnung der Räteregierung eingesetzt. Das Gesamtvolumen der Fälschungen und der illegal gedruckten Kronen-Noten belief sich auf 3.719.000.000 Kronen, welche die Österreichisch-Ungarische Bank als Schadenssumme veranschlagte.

Nach dem Sturz der Räteregierung und der Einsetzung des neuen Kabinetts unter Admiral Horthy wurde Die Hauptanstalt wieder in ihre ursprüngliche Funktion eingesetzt, mit einer kleinen Funktionserweiterung als „ungarische Geschäftsführung“ der Österreichisch- Ungarischen Bank. Weiters wurde der Geschäftsleitung voller Schadenersatz zugesichert. Die Falsifikate blieben mit einem Fünftel ihres Wertes in Umlauf; die „Fälschung“ wurde allerdings, unter Protest, fortgeführt. Nach der Abstempelung der in Ungarn kursierenden Kronen, verbunden mit einer Zwangsanleihe in der Höhe von 50% der Geldmenge (vgl. Modell Rašins in der Tschechoslowakei) folgte die endgültige Abspaltung durch Gründung eines königlich ungarischen staatlichen Noteninstituts. Von diesem Zeitpunkt war Ungarn mit einer rasanten Inflation konfrontiert, die sogar größer war, als die in Österreich. Nach einem Sanierungsversuch nach österreichischem Vorbild nahm die selbstständige ungarische Notenbank am 24. Juni 1924 ihren Betrieb auf.

Italien

In Triest, Trient und den anderen von Italien neu akquirierten Gebieten wurde die Währungstrennung unter Aufsicht des Militärs durchgeführt. Alle größeren Filialen waren besetzt worden und das Gebiet wurde militärisch abgeriegelt, so dass ein Umtausch der Kronen gegen die Lire sehr leicht abgewickelt werden konnte. Als Reaktion der Österreichisch-Ungarischen Bank wurde ein, inzwischen fast routinemäßig anmutender, Protest verkündet, der allerdings wahrscheinlich auch gar nicht die Hoffnung in sich trug, eine Änderung der italienischen Militärs zu bewirken. Das Verhältnis der Lira zur Krone wurde anfangs auf ungünstige 10 : 4, und später auf, für das Volk akzeptable, 10 : 6 angehoben. (Nachzahlungen für erfolgte Umtausche wurden geleistet.) Etwas komplizierter gestaltete sich die Einführung der Lira in den Gebieten, die erst im Laufe der Zeit zu Italien kamen, bzw. nur unter italienischer Besatzung standen. Aber auch hier war der Austausch ab 1922 vollzogen; eine Abstempelung war nicht notwendig gewesen.

Rumänien

Die Bankfilialen auf dem Staatsgebiet Rumäniens waren relativ schlecht dotiert und auch die Verbindung zur Geschäftsleitung in Wien war problematisch. Ausser der Krone waren in Rumänien noch der Rubel und eine von den deutschen Besatzungstruppen im Wege der Banca Generala ausgegebene Lei-Noten. Als allerdings wenig später die Rumänische Nationalbank damit begann, selbst Lei-Noten auszugeben, wurden dies zu Parikurs gegen die „militärischen“ eingewechselt. In Relation zur Krone wurde der Lei mit 2 Kronen zu 1 Lei festgesetzt. Nach einer endgültigen Abstempelung am 12. Aug. 1920 wurden, wieder ähnlich dem Modell der Tschechoslowakei, nur 60% des eingereichten Betrages bar ausgezahlt. Der Rest wurde zunächst in unübertragbaren Quittungen ausbezahlt, die später gegen Schatzscheine umgetauscht wurden. Nach der Einlösung dieser Gutscheine trat das ein, was sie ursprünglich verhindern sollten: eine Inflation. Am Höhepunkt dieser Inflation erhielt man für 1.000 Lei anstatt 2.000 nur noch 300 Kronen.

Deutschösterreich

Auch Österreich blieb es nicht erspart, aus naheliegenden Gründen, früher oder später den Zahlungsverkehr zu beschränken, da man befürchtete, eine Flut von ungestempelt
gebliebenen Noten aus dem Ausland könnten Österreich in eine Inflation führen. So versah die Notenbank die neu ausgegebenen Noten ab dem 27. Februar 1919 mit dem Aufdruck „Deutschösterreich“. Bis 29. März des selben Jahres war auch die parallel laufende Eintauschaktion gegen die ungestempelten Kronen-Noten so gut wie abgeschlossen. (Das Volumen der Eintauschaktion bewegte sich in Größenordnungen um 5.000.000.000 Kronen.) Nun kam es allerdings auch zu Thesaurierungen von ungestempelten Noten aus spekulativen Gründen; die ungestempelte Krone notierte nämlich z.B. in Zürich höher, als die gestempelte. Nun begann eine große Menge an Spekulanten die eher schlichten Aufdrucke zu fälschen und bald brach eine Massenpanik aus, da niemand mehr mit Sicherheit sagen konnte, welche Noten echt, und welche gefälscht waren. So wurde es notwendig neue Noten, mit dem Aufdruck „Echt – Österreichisch – Ungarische Bank“ herzustellen. Später wurden überhaupt neue Noten zu 1.000 und 10.000 Kronen ausgegeben.